Nightmare Industries
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Sex mit der First Lady

Die Ursprünge der Deathstars liegen in einer Death Metal- Band. Was ist geschehen, dass ihr euch entschieden habt, mit einer neuen Band, als Deathstars, die Musikrichtung so zu ändern?

Viele von uns spielten in Death Metal- Bands, bevor wir mit dem Projekt Deathstars begonnen haben. Irrtümlicherweise vermuten viele Menschen immer, dass wir mal mit Deathstars Death- Metal gespielt haben. Das ist aber falsch. Dass wir letztendlich eine neue Band mit einem neuen Stil gegründet haben, lag daran, dass wir von der vorherigen Musik gelangweilt waren. Wir wollten mehr elektronische Elemente in der Musik unterbringen und mehr experimentieren. Zwar wollten wir weiterhin dynamische und schnelle Songs machen, aber auf anderer Ebene. Zudem haben wir schon immer andere Bands gemocht, die sich nicht alleine nur auf Metalsounds beschränken. Wir wollten zurück zu unseren Ursprüngen, die uns damals beeinflusst haben, wie z.B. KISS oder SISTERS OF MERCY. Die Mischung war uns wichtig. Wir liegen musikalisch vermutlich irgendwo zwischen der alten Popdiva Sandra und Satan.

Euer Debütalbum erschien bereits 2003 und erntete durchweg positive Kritiken. Wieso erscheint eurer zweites Album erst drei Jahre später? Das ist eine relativ lange Zeit.

Oh, weißt du, manchmal kann Sex eine ganze Weile dauern.

Na das muss aber wirklich guter Sex gewesen sein.

Absolut, aber am Ende war ich extrem müde. Aber mal im Ernst, wir leben in verschiedenen Städten und alle in der Band sind sehr unterschiedlich vom Charakter her. Die letzten Jahre waren nicht einfach. Du musst vieles schaffen, einige von uns waren depressiv und als wir es dann endlich geschafft haben, wieder ins Studio zu gehen, lief es besser als erwartet. Wir hoffen, dass es beim nächsten Album nicht so lange dauern wird.

Ich glaube, die Geschichte mit dem Sex finden unsere Leser interessanter.

Also während Nightmare seine schlimmen Depressionen hatte, hatte ich Sex. Klingt das besser? Aber wir sind immer noch beste Freunde und ich fühle mich auch nicht, als hätte ich Rasierklingen zwischen den Beinen.

Widmen wir uns aber mal wieder eurer Musik. Was würdest du sagen hat sich auf dem neuen Album am Deutlichsten verändert?

Es ist um einiges persönlicher geworden. Dieser persönliche Fokus war bei unserem Debütalbum gar nicht vorhanden, das war noch eher ein Experiment. Das ist schwer für mich zu beschreiben, können wir zurück zu der Sexgeschichte kommen?

So einfach kommst du mir da jetzt nicht raus.

Ich habe es befürchtet, aber ich kann es ja auch versuchen, auf dieser Ebene auszudrücken. Wenn das erste Album die Eier waren, dann ist das neue Album der Penis. Bei dem nächsten Album werden wir es dann mal so ordentlich treiben.

Das ist mal eine Metapher der anderen Art.

Das hoffe ich. man wird schnell hören, dass wir direkter zum Punkt kommen und dass wir noch mal um einiges düsterer geworden sind. Zudem sind wir vielschichtiger geworden und haben mehr Einflüsse aus verschiedensten Richtungen. Das Album ist deutlich mehr Deathstars als das Debüt.

Das klingt schon beinahe ein wenig erwachsener.

Auf einer gewissen Ebene hast du damit sicher Recht. Wir sind natürlich um Längen zufriedener als vor drei Jahren und können wir vielleicht nicht doch wieder über Sex reden?

Das hat zwar wenig mit Sex zu tun, aber wie reagierst du darauf, dass ihr häufig mir Rammstein oder Manson verglichen werdet?

Das kann ich dir gar nicht sagen, denn ich weiß ja nicht, wie Marilyn Manson darauf reagiert, wenn er mit uns verglichen wird (lacht). Es ist normal, dass man als Musiker sehr schnell mit anderen Musikern verglichen wird. ich kann das irgendwo verstehen, denn es hilft den Leuten sich zu orientieren. Ich würde unsere Musik nicht so beschreiben, kann diese Vergleiche aber ansatzweise verstehen. Das beginnt schon immer damit, dass die Leute, wenn sie ins Kino gehen, wissen wollen, welchem Genre dieser Film angehört. Nicht anders ist das mit der Musik.

Allerdings kann man den Vergleich mit solchen Bands als Kompliment sehen. Es wäre mit Sicherheit fragwürdiger für euch, wenn man euch musikalisch mit Sandra vergleichen würde.

Naja vielleicht würde sie uns dann auf einmal wahrnehmen und würde sich für gewisse Stunden zu uns gesellen. Sie war damals wirklich scharf.

Denkst du wirklich, dass sie heute auch noch gut aussieht?

Ach weißt du, es reicht doch, wenn du sie von hinten siehst, wenn du verstehst was ich meine.

Ok, ich verstehe. Damit wären wir wieder bei der Sexgeschichte.

Ja, super. Dann habe ich es endlich geschafft.

Mich würde mehr interessieren, wie du den modernen Sound von Deathstars beschreiben würdest und zwar ohne dabei an Sex zu denken.

Oh, das ist schwer. Es ist eine Art Dandytum gepaart mit Zerstörung. Wir haben irgendwo noch Überreste vom Death- Metal- Feeling in uns. Hinzu kommen Einflüsse aus verschiedensten Sparten, wie Rock, Goth oder auch Pop. Wir machen sexy Musik, und ich glaube, ich fange schon wieder mit dem Thema an.

Immerhin ist es unterhaltsam und lustig, was keine Aufforderung ist, damit weiter zu machen.

Sollen wir lieber über Falltüren und Indianer reden?

Jetzt bringst du mich in eine schwierige Entscheidungsnot.

Was würdest du davon halten, wenn wir unsere Musik als Russian- Death- Pop bezeichnen würden?

Ich würde sagen, dass das sehr individuell wäre.

Yeah, das gefällt mir.

Mir gefiel der leicht paradoxe Albumtitel "Termination Bliss". Welche Intention stand dahinter?

Das passt zum ganzen Album, denn auch dies ist paradox. Es passt zu der Thematik des Albums. Es geht um Konflikte und die dunkle Seite selbst. Wir kritisieren uns damit selbst, wo wir bei dem Thema sind, dass das Album sehr persönlich ist. Es geht nicht um Stärke, sondern eher um Schwächen. Jeder Mensch enthält eine zerstörerische Natur, und diese beleuchten wir etwas näher. "Termination Bliss" klingt für mich wie der Mord an die Hoffnung, das Schreckliche an einer Beziehung. Wenn ich zurückblicke, dann weiß ich, dass ich vor einiger Zeit voller Hass war. Nightmare musste mit einem Selbstmord innerhalb der Familie fertig werden. Es war keine gute Zeit und davon findet sich vieles in unseren Texten wieder. Frustration und der Drang aufzugeben ist mit Sicherheit mehr als nur ein Mal in den Lyrics zugegen.

Kritisiert ihr nur euch selbst oder auch allgemein den menschlichen Größenwahn?

Jeder Song steht unter einer anderen Überschrift, aber es geht dabei mehr um die Gier des Menschen, was natürlich nicht weit entfernt ist vom Größenwahn. Müsste ich es auf den Punkt bringen, dann würde ich sagen, dass es um die innere Leere in uns allen geht. Wenn ich Texte schreibe, dann geht es immer nur um die Dinge, die mich auch wirklich betreffen. Ich reflektiere dabei sehr viel. Ich möchte nicht mit dem Finger auf irgendwelche Leute zeigen, geschweige denn möchte ich den Hörern sagen, wie sie alles besser machen können. Das kann ich gar nicht, denn ich weiß es auch nicht. Ich möchte den Finger auf mich richten und mich kritisieren, meine Schwächen. Das kann ich, und das Recht darf ich mir herausnehmen. Mir liegt nicht daran, den Menschen zu erzählen, dass die Welt scheiße ist. Das ist nicht meine Aufgabe.

Also mehr eine Reise ins eigene Selbst?

Klar, so kann man das sehen. Jeder Mensch trägt eine innere Dunkelheit in sich, die ihn auf der anderen Seite verwundbar macht, auf der anderen Seite wiederum auch stark und sexy. Dunkelheit sieht sehr gut aus. Die Welt wäre fotogener mit mehr Dunkelheit. Vielleicht wäre Angelina Jolie kombiniert mit der Dunkelheit noch fotogener, wobei ich der Meinung bin, dass sie mit mir am besten aussehen würde. Das würde vermutlich aber auch sehr viel von der Dunkelheit abhängen (lacht).

Ich habe letztens gehört, dass es Musiker gibt, die der Meinung sind, dass die Dinge, die sie sich in ihre Texte packen, eine Art "Gold der Seele" sind. Was denkst du darüber?

Ich glaube nicht an die Seele, da fängt das Problem wohl an. Natürlich denkst du über deine Person nach, wenn du Songs schreibst. Das halte ich für wichtig und muss nicht immer selbstverständlich sein. Es ist gut, wenn du dadurch etwas von dir lernst.

Ich war überrascht einen deutschen Titel in eurer Tracklist zu finden. Wieso habt ihr euch dazu entschieden einem Song mit dem Titel "Blitzkrieg" zu produzieren?

Das ist ebenfalls ein schwedisches Wort. Die Thematik dürfte den Deutschen bekannt vorkommen, da steckt eine Menge an Ironie hinter. Blitzkrieg ist sehr primitiv und passt zur Thematik des Stückes.

Stichwort Deutschland. was für Erfahrungen konntest du bisher mit der deutschen Schwarzen Szene machen?

Noch nicht viele, denn ich isoliere mich selber oftmals von der Musik. Als ich jung war, mochte ich Bands wie LOVE LIKE BLOOD. es gibt einige deutsche Metal- Bands, die ich sehr schätze, wie zum Beispiel KREATOR. Aber das ist ebenfalls ein Teil der schwarzen Szene, jedoch ein ganz anderer. Mehr aggressiver.

Was im Endeffekt besser zu euch passen würde, da eure Musik ebenfalls sehr aggressiv klingt. Von einem positiven Album kann man da wohl nicht reden, oder?

Nein, absolut nicht. Die Leute können gerne nach positiven Aussagen zwischen den Zeilen suchen, aber das ist normal und auch gut so. Selbst die dümmste Person auf der Welt versucht nicht alles daran zu setzen, um sich besser zu fühlen.

Dann solltest du das Album vielleicht ins Weiße Haus senden.

Die First Lady hat gerade eben erst mein Schlafzimmer verlassen. ich weiß nicht, ob sie darüber so begeistert wäre, wenn ihre Familie von uns erfahren würde. Aber sie war wirklich gut.

Na, wenn das mal nicht die Welt verändern würde. Was wäre deine Anleitung für eine bessere Welt?

Das kann ich dir gar nicht so genau sagen. Du kannst meine Telefonnummer an all eure Leser weiterleiten und die sollen es mir dann sagen.

Ich vermute, dass du dabei mal wieder an die ganzen hübschen LeserINNEN denkst und wir dabei wieder beim Sex Thema wären?

Du müsstest mir da schon etwas Arbeit abnehmen, aber da werden wir uns sicherlich schon einig (lacht). Ich kann dir keine Anleitung für eine bessere Welt geben. ich kann nur versuchen, es für mich herauszufinden und das Beste daraus zu machen. Mehr möchte ich gar nicht. es ist nicht meine Aufgabe, die Welt zu verändern und Antworten für andere Menschen zu finden. Das muss jeder für sich schaffen.

Was sind eure weiteren Pläne für die Zukunft? Wie gehr es mit Deathstars weiter?

Wir wollen so viel wie möglich durch die Welt touren. Aktuell steht leider noch nichts Genaues fest, so dass ich dir noch gar keine Termine geben kann. Aber vielleicht eröffnen wir einfach eine Bank. das wäre mal was Anderes.

Ich bin verwirrt, ich hätte gerade jetzt damit gerechnet, dass du mir etwas über Sex erzählst.

Das muss daran liegen, dass ich immer noch von der First Lady geschafft bin. Aber ich halte dich gerne auf dem Laufenden, wie es weiter geht. ich hoffe, dass wir im Sommer auf einigen Festivals vertreten sind. Vielleicht siehst du mich dann mit der First Lady auf der Bühne und wir werden den Eröffnungsakt vollziehen. Wir sind wie eine Autobahn. Am Ende erreichen wir unser Ziel auf alle Fälle.

 

In Medias Res mit Whiplasher

Wenn ich der Chef der Musikindustrie wäre, wurde ich meinen Job aufgeben. Scheint sehr langweilig zu sein. Mich interessiert das Musikbusiness nicht wirklich, eigentlich gar nicht. Ich will einfach nur Songs schreiben. Vielleicht würde ich allerdings mein Vetorecht nutzen, um dem Begriff "Backstage" eine ganz neue Bedeutung zu verleihen, mit transatlantischen "sporty" Pop- Sängerinnen gesunden Alters.

Wenn ich mir einen Partner für ein Duett aussuchen könnte, wählte ich Paula Abdula, weil Opposites attract.

Der größte Fehler, den ich in meiner musikalischen Laufbahn gemacht habe, war, nicht über eine musikalische Laufbahn nachzudenken.

Wenn ich im Moment jemandem begegnen würde, wäre es seltsam, denn ich komme gerade von einem 10km-Lauf aus dem Wald und liege verschwitzt und nackt in meinem Wohnzimmer und beantworte diese Fragen.

Neidisch bin ich manchmal ein klein wenig auf den Prinzen von Monaco, weil sein Nachtleben ganz nett zu sein scheint.

Mein Lieblingsproduzent ist eventuell Rick Rubin, weil er Danzig, Slayer und Johnny Cash produziert hat, aber ich habe nicht viel Ahnung von Produzenten.

Ich hasse folgende Interviewfrage: "Bist du mit Natalie Imbruglia liiert?" Nein, ich habe sie zwar getroffen und hing eine Weile mit ihr herum, aber wir sind kein Paar.

Was mich noch nie jemand gefragt hat, ich aber gerne beantworten würde, ist: "Darf ich dir all meine Geheimnisse erzählen?" Ich würde natürlich "ja" sagen und ein bisschen zuhören - ich liebe Geheimnisse.

Wenn ich etwas in meinem Leben rückgängig machen könnte, würde ich so vieles rückgängig machen, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen sollte. ich könnte zwar sagen, dass ich nichts bereue, doch ohne zu bereuen, kann man nicht lernen. Also versuche ich so viele Fehler wie möglich zu machen, bevor ich 60 werde. Dann ist es womöglich an der Zeit etwas zu ändern, aber ich kann mir ohnehin nicht vorstellen, so alt zu werden.

Wenn ich 24Stunden unsichtbar wäre, würde ich...Was denkst du denn? Nein, ernsthaft: Was...glaubst...du...denn..? Das sag ich dir das nächste Mal, wenn ich dich sehe.

Mein größter Traum ist, größer als die meisten.

Der wichtigste Song, den ich geschrieben habe, ist der letzte den ich geschrieben habe, weil er der letzte ist, den ich geschrieben habe...

 

Morbide Modenschau

Termination Bliss soll die Deathstars weit nach vorne bringen. Entsprechend konsequent lässt sich Andreas Bergh alias Whiplasher Bernadotte nicht mal von einer Lungenentzündung davon abhalten, Licht ins musikalische Dunkel zu bringen.

Erhellt werden will zunächst mal die Wahl des Band- Namens: Während Star Wars- Fans hinter Deathstars imperiale Verbündete vermuten, hat Andreas völlig andere Assoziationen: „Wenn es Pornostars gibt, warum soll’s dann nicht auch Deathstars geben? Uns faszinierte dieser Widerspruch zwischen Tod und Glamour", hustet es aus dem Hörer. „Der Termination Bliss- Titel „Death in vogue" repräsentiert das bestens. Deathstars bieten alles, was eine hedonistische Modenschau ausmacht: Champagner, Sex und Drogen – nur stöckeln bei uns ganz schön verwüstete Models über den Laufsteg." Das hat was von pubertären Lichtschwert- Phantasien. Trotzdem stellt die Aufgabe, einem hübschen Alien- Mädel aus dem Lucas- Universum die Musik der Deathstars zu beschreiben, kein Problem dar, für den Mann mit der Marlon Brando- Stimme. „ich empfinde unsere Musik als selbstzerstörerische Finsternis, als ein musikalisches Tschernobyl, das sich voll gepumpt mit Drogen eine Kippe im Mundwinkel ansteckt." Ob die Gute daraus schlau wird?

Doch genug gescherzt. Schließlich geht es auf dem aktuellen Album der Gothic- Rocker nicht fröhlich zu. Während die Eingängigkeit und die tanzbare Rhythmik von Synthetic Generation übernommen wurden, wirken die neuen Lieder bei genauerem Hinhören nicht nur melancholisch, sondern zappenduster. „Nicht, dass unsere erste Platte nach Blumenwiese geklungen hätte, aber Termination Bliss ist Finsternis mit Eiern", bestätigt der Schwede, „Die letzten Jahre waren schlimm für uns, entsprechend düster fiel das Album aus. Das ergab sich aufgrund von Todesfällen in der Familie und Depressionen." Zum Glück kann Musik manch einem Halt geben in solchen Situationen. „Unser Gitarrist Nightmare ließ alles Fürchterliche in seinem Leben in die Lieder einfließen. Dadurch klingt das neue Material viel persönlicher und wärmer." Wovon nun auch die Fans profitieren können, wie Andreas mit einer verwegenen Metapher zu erklären versucht. „Deathstars musst du dir als eine Bank vorstellen, die statt Geld Dunkelheit hortet. Am Synthetic Generation- Schalter konnten unsere Fans alles, was sie emotional bewegt, auf ihr Konto einzahlen", erklärt er munter fabulierend. „Termination Bliss hingegen stellt eher den exklusiven Schließfachbereich dar. Entsprechend stark bereichert unsere Musik das Leben unserer Fans. Wir machen sie gewissermaßen zu Millionären."

Was beim Hören von Termination Bliss nicht sofort auffällt: Erste Sporen verdienten sich die Musiker bei so extremen Bands wie Dissection und Swordmaster: „Black- und Trash Metal stellen für uns persönlich nach wie vor das Knochengerüst und damit das Rückgrat unserer Musik dar, während Gothic und Industrial das sichtbare Fleisch auf den Rippen sind." Apropos sichtbar: Während viele Landsmänner mit ausgebleichten Jeans und Motörhead- T-Shirts auf der Bühne rumlümmeln, spielt Styling für die vier stets Make-up-Tragenden Herren eine wichtige Rolle. „Wir konnten uns schon immer für die visuelle Qualität von KISS begeistern. Ebenso wichtig war der optische Faktor im Black Metal. Das Visuelle soll jedoch lediglich eine Ergänzung zur Musik sein, ein zusätzlicher Anreiz für die Fans."

Bei Make-up in Verbindung mit groovigem Song- Material bleibt der Vergleich mit MM nicht lange aus, sehr zum Verdruss der Band. „Der hat sich seinen Look doch selber beim Black Metal- Underground abgeschaut! Immer wieder wird uns unterstellt, ihm nachzueifern. Dabei haben wir schon in den späten 80ern Corpsepaint getragen. Make-up gehört für uns schlicht dazu", fühlt sich der Whiplasher auf den Schlips getreten. Ebenso lange schon schleppen er und seine Kollegen ihre Pseudonyme mit sich herum, so dass man sich im Hause Deathstars mittlerweile auch privat damit anredet. „Bei unserem Bassisten Skinny und mir sind sogar die Führerscheine auf unsere Pseudonyme ausgestellt", berichtet er lachend. „Außerdem rechne ich mir als Bernadotte große Chancen aus, die schwedische Königsfamilie zu infiltrieren. Unsere Prinzessin würde ich mir gerne mal genauer anschauen", röchelt es aus dem Hörer. Da machen wir aber vorher noch einen Abstecher zur nächsten Apotheke, Herr Prinz in spe!

 

DEATHSTARS

Schillernde Figuren hat es im breit gefächerten Metal- Bereich immer gegeben, und es wird sie auch in Zukunft immer wieder geben. Einzig die Quantität leidet durch unsere kurzlebige Zeit. Mit den Deathstars schickt sie jedoch eine Band aus Schweden an, die das Potential, eine dieser Galionsfiguren zu werden, in sich trägt. Sänger Whiplasher stellte sich trotz übermäßigem Alkoholkonsums meinen Fragen und legte somit bewusst, oder auch nicht, einige interessante und zugleich auch verwirrende Aspekte der Band offen.

Durch eure musikalische Vorgeschichte macht es keinen Unterschied, ob man euch Deathstars oder „All- Stars" nennt. Fakt ist jedoch, dass die Band aus erfahrenen Musikern besteht, die schon lange im Geschäft tätig sind. Irritierend ist nur der Umstand, dass die Vorgänger- Bands sich eher am Death oder Black metal orientiert haben. Wie kam es im Jahr 2000 zu diesem musikalischen Gesinnungswandel?

W: Wir wollten durch die dunklen Elemente mehr Sex in unser Spiel bringen und sie nicht wie bisher als gewöhnlichen Horror- Kram benutzen. Es ist schon ein verrücktes Ding, dass viele Leute in der Szene ihr Hauptaugenmerk auf das Attribut „böse" legen. Sie glauben, nur weil man sich selbst so bezeichnet, ist man es automatisch. Das ist wahrlich ein Irrglaube. Jede Zelle in unserem Körper strebt danach, zu überleben und das zu erhalten, was sie dazu benötigt – die Bezeichnung „böse" ist somit ein ziemlich lächerliches Wort. Alles, egal ob wir es nun gut oder böse nenne, kann für den persönlichen Nutzen positiv sein. Wie auch immer. Termination Bliss entpuppte sich auch für uns nach den Aufnahmen als ein Aha- Erlebnis. Synthetic Generation war für uns wie guter Sex mit einer Frau. Termination Bliss fühlt sich ähnlich an, doch wenn wir nun nach oben blickten, befinden wir uns auf einmal gleich mit zehn scharfen Frauen im Zimmer, die uns zu einem flotten Spiel einladen. Der größte Unterschied zu unseren vorherigen Bands ist jedoch, dass wir nun komplexere Songs schreiben und diese auch anspruchsvoll umsetzen. Mir gefällt die Tatsache, dass die Leute Metal entweder lieben oder hassen. Für mich ist es eines der bodenständigsten Musik- Genres, das es gibt und darin fühle ich mich mit dem, was ich seit mittlerweile 1000 Jahren mache, rundherum wohl.

Warum habt ihr euch eigentlich in Deathstars umbenannt? Hat der Death Metal- Bezug eurer vorigen Bands etwas damit zu tun?

W: In gewisser Weise schon. Ich wollte ein paradoxes Gebilde aus den Themen Tod und Glamour, und da bot sich dieser Name an. Ganz einfach eben. Er kann natürlich auch als ironischer Seitenhieb auf all die Pornostars, Filmstars, Popstars oder was auch immer für Stars genommen werden.

Euer Debüt wurde, zumindest in Schweden, schon im Jahr 2002 veröffentlicht. Welche Umstände waren ausschlaggebend, dass es so lange gedauert hat, ein neues Album zu produzieren?

W: Persönliche seelische Probleme, übermäßige medikamentöse Behandlungen und zu viel Sex mit den falschen Personen, während wir an diesem Album arbeiteten. Es war eine schreckliche Zeit.

Wenn man sich Termination Bliss anhört, hört man im Speziellen zwei gute Bands – The Sisters Of Mercy und Rammstein – heraus. Haben sich diese Parallelen zufällig ergeben, oder gibt es einen besonderen Bezug zu diesen beiden Bands?

W: Wir verarbeiten so viele Einflüsse in unserer Musik, jedoch keinen wirklich absichtlich, denn das wäre, als wenn man auf seinen eigenen IQ pissen würde. Es gibt unzählige Bands, die eine ähnliche Art von Musik spielen, wie wir es auch tun, also ergeben sich derartige Überschneidungen fast von selbst. Wir vermischen Death, Black, Industrial, Gothic, Pop, Rock, einige Zigaretten und verschwitztes Fleisch in teuren Klamotten, wenn wir unsere Musik komponieren. Wir sind keinem Genre zur Treue verpflichtet, sondern fordern das Unveränderbare heraus. In gewissem Sinn sind wir die Victoria Beckham des Death Metal, haha!

Die Atmosphäre, die von Termination Bliss ausgeht, ist ziemlich dunkel und kalt. Wart ihr zum Zeitpunkt des Songwritings nur gerade schlecht drauf, oder begleitet euch diese schlechte Gefühlswelt andauend?

W: Wir zählen sicher nicht zu den fröhlichsten Gesellen auf dieser Erde. Jeder von uns hatte mit größeren Problemen in den letzten Jahren zu kämpfen, und unsere Musik ist ein Weg, damit klar zu kommen. Die Band fokussiert ihr Sein auf die alltäglichen Dinge im Leben. Deshalb ist sie auch dermaßen dunkel ausgerichtet. Wir beschäftigen uns auch mit den dunklen Aspekten in ganz gewöhnlichen Situationen. Meistens geht es um Konflikte, die oft in einem Drama enden. Wir erklimmen Berge und wandern durch Täler, doch meistens enden wir in irgendeinen Nachtclub auf dem Weg zu unserem Ziel. Wir alle sind Verlierer mit einem großen Herzen, wie jeder von euch da draußen auch.

Als ich das Cover zum ersten Mal gesehen hatte, kam mir auf Anhieb MM in den Sinn, der in eine Militäruniform gesteckt wurde. Ist dieser Aufzug eine reine Werbemaßnahme, um in das Schock- Rocker- Image zu passen, oder was steckt dahinter?

W: Da ich mir keine Songs von Manson anhöre und auch nicht weiß, was er mit seiner Aufmachung bezwecken will, kann ich auch nichts zu diesem Vergleich sagen. David Bowie würde den Nagel schon eher auf den Kopf treffen, doch wir beide haben allem Anschein nach einen unterschiedlichen Musikgeschmack. Es ist traurig, dass uns die Leute wegen des Images mit MM vergleichen, denn wir haben unseres schon seit 1991. Wo war Manson zu dieser Zeit – vielleicht noch in der Schule? Wir haben unseren visuellen Stil gefunden, als wir uns noch im extremen Untergrund bewegten und nun kommt plötzlich ein kommerzieller Künstler und eignet sich ihn an. Wir haben die Maßstäbe gesetzt, der Rest ist einfach erbärmlich.

Der Bruder von Nightmare ist niemals geringerer als Jon Nödtveidt, für dessen Band Dissection er auch das nächste Album aufnehmen wird. War diese Tatsache für die Entwicklung der Band hilfreich oder eher störend?

W: Das neue Album von Dissection wird in unserem Studio aufgenommen, das stimmt. Was die andere Sache angeht, ist Jon schon immer der Bruder von Emil gewesen, und er wird es auch in Zukunft immer sein. Ich habe über diese Tatsache eigentlich noch keinen Gedanken verschwendet, da es für die Band nicht von Bedeutung ist. Meine Schwester zum Beispiel ist Chefredakteurin der Cosmopolitan. Sienna Miller hat deswegen aber auch noch keinen Beitrag für eines unserer Alben geleistet, von daher beeinflusst das unsere Musik ebenso wenig.

Was können wir uns unter einer typischen Live- Show von euch vorstellen? Skandale, visuelle Highlights, schöne Uniformen oder doch bloß nur eine weitere Rock- Show?

W: Du kannst davon ausgehen, dass sich deine Freundin nach dem Gig bei uns backstage amüsiert.

Gibt es eine spezielle Message, die ihr mit eurer Band verbreiten wollt?

W: Ja. Ruf mich an unter + 46 7333 94 0 93.

Was sind eure Pläne für die Zukunft?

W: Die sind streng geheim. Ich könnte sie dir natürlich sagen, doch dann müsste ich dich leider töten.

Gibt es noch was unheimlich Wichtiges, das ich nicht hinterfragt habe?

W: Definitiv nicht. Wir wollen keinem unsere Musik vorpredigen, verkaufen auch kein Produkt, sondern sind schlicht die teuersten Prostituierten auf der Straße, weil wir unser Herz verkaufen. Die Dunkelheit wird ihren Weg zu denen finden, die Vielschichtigkeit in ihrem Leben benötigen.

Na dann Prost!

 
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